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Tschifflik Pavillon

Der sog. Tschifflikpavillon in der Carlslust - Stand der Forschung.

 

 
Foto des Tschifflik Pavillons in der Carlslust
 

Zweibrücker Tschifflik

Den ursprünglichen Tschifflikpavillon ließ der ehemalige polnische König Stanislaus I. Leszczyński während seines Aufenthaltes in zwei Zweibrücken erbauen1. Diese Anlage zerfiel schon in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts und wurde zum Teil abgebrochen. Unter Christian IV. wurde die Anlage wieder reaktiviert und im zeitgenössigen Stiel neu aufgebaut.

Ansicht des Zweibrücker Tschiffliks

Quelle: [1], Seite 43  

Die Anlage verläuft annähernd in OS-Westrichtung quer zum Tal. Auf der Westseite der Anlage (rechts im Bild) befinden sich auf mehrere Ebenen verteilt Gebäude mit Räumen für die königliche Familie und den Hofstaat. Die einzelnen Ebenen sind, mit mittig angeordneten Treppenanlagen in deren Zentrum sich eine Kaskade befindet, miteinander verbunden.

Auf der Ostseite (links im Bild) befinden sich Terrassenanlage mit Treppen in der Mitte. Am oberen Ende der Terrassenanlage befindet sich eine Bühne mit einem Podium für ein Orchester.

Das Zweibrücker Tschifflik war eine größere Anlage, bestehend aus einer Kombination mehreren Gebäuden Terrassen und einer Kaskade.

 

Carlsberger Tschifflik

Unter Carl II. August entstand in der Carlslust ein weiterer Tschifflikpavillon. Über den Carlsberger Tschifflikpavillon ist wenig bekannt, Pläne oder genauere Beschreibungen haben sich nicht erhalten. Hinweise geben u. a. das Schadensverzeichnis, welches nach der Zerstörung des Carlsberges erstellt worden ist. Hierin heißt es:

Im Schifflicker Pavillion ins Karlslust Im unteren Stock 7 Zimmer, tapeziert auf Tuch nebst einem Alkov und 1 Kabinett, im oberen Stock eine Kompaniesaal, desgleichen tapeziert, 44 Sessel und Stühl, wovon 20 von Rohr, sämtlich mit doppelten Kissen, 15 Fenstervorhänge von kariertem Toile de coton nebst Tisch, Nachttisch, Nachtstuhl, Bidet und 1 Bettlade


Theorien

Über den Carlsberger Tschifflikpavillon gibt es in der Carlsbergforschung verschiedene Theorien. Diese wurden von Weber, Schneider und Schwan in Ihren Büchern veröffentlicht.


Weber

In der Carlslust befinden befinden sich auf der südlichen Seite des Tales die Grundmauern eines Gebäudes. Dieses wurde von Weber in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausgegraben. Bis zu diesem Zeitpunkt war in verschiedenen Landkarten Kapelle als Bezeichnung für dieses Gebäude eingetragen. Aus der Beschreibung im Schadensbericht von Schügens schloss Weber, dass es sich bei diesem Gebäude um den Tschifflikpavillon handelt2. Den Alkoven, der im Schadensbericht erwähnt wird positioniert Weber in der Apsis3.


Schwan

Jutta Schwan befasst sich in Ihrer Arbeit „Studien zur Baugeschichte von Schloss Carlsberg“ in Kapitel C II.3 mit dem Tschifflikpavillon. Sie schließt sich dabei der Ansicht Webers voll an. 

Sie Begründet ihre Zuordnung mit drei Belegen (zusammengefasst):

  • Von den zwei in der Carlslust augegrabenen Gebäuden besitzt nur eines einen Keller. Da der Tschifflikpavillon einen Keller hatte, muss der ausgegrabene Pavillon mit Keller der Tschifflikpavillon sein.

  • Als zweiten Beleg führt sie die exponierte Lage des Gebäudes an und die gewisse Ähnlichkeit mit dem Zweibrücker Tschifflik

  • Als dritten Beleg führt sie die Raumdisposition an "Der dritte Grund, der für die Annahme spricht , dass es  sich bei  diesem  Pavillon tatsächlich  um den  historischen Tschifflik  handelt,  ist die Raumdisposition, die ich  aus  den Akten  erschließt  und  die  sich  mit  den  Fundamenten  in  Deckung bringen lässt" ([3], Seite 504)


Schneider

Schneider überträgt die Situation vom Tschifflik in Zweibrücken auf den Carlsberg. In der Carlslust befindet sich wie in Zweibrücken eine Terrassenanlage gegenüber einer Kasskade. Jedoch wird von Schneider der Pavillion ihm nicht oberhalb der Kasskade angeordnet wie in Zweibrücken, da an dieser Stelle kein Platz für ein Gebäude ist sondern gegenüber der Kasskade auf der Terrasse.

Lage des Tschifflikpavillon nach Schneider und Weber/Schwan

 


Analyse der Theorien

Im folgenden werden die verschiedenen Theorien zum Tschifflikpavillon betrachtet und auf ihre Wahrscheinlichkeit untersucht.


Weber

Weber begründet die Zuordnung des Gebäudes mit der Übereinstimmung der Raumanszahl aus dem Schadensbericht von Schügens. Trägt man die Räume, die Weber erwähnt in den Grundriss ein, erhält man das folgende Bild:


Raumaufteilung im Tschifflik alanog Weber

images/stories/Schloesser/Carlsberg/Carlslust/Pavillon.jpg

 Quelle[1], Seite 305

 

 

 

 

Die im Schadensbericht erwähnten Räume lassen sich im unteren Stockwerk unterbringen. Bei dieser Betrachtung wird jedoch das Kabinett, welches sich in diesem Stockwerk befand unterschlagen. Auch wird nicht auf die Treppe ins Obergeschoss eingegangen. Der Platzbedarf für eine solche Treppe wird ersichtlich aus dem von Weber gezeigten Beispiel für ein „Landhaus“4 (rechtes Bild). Des weiteren entfällt durch die Anordnung des Alkoven in der Apsis, die Möglichkeit vom Erdgeschoss aus ins Tal zu schauen. Dem Aussichtspunkt Tschifflik wird die Aussicht genommen.

 


Schwan

Die Argumentation von Schwan lässt sich nur schwer nachvollziehen. Damit, dass es sich bei dem Gebäuden um das einzige ausgegrabene Gebäude mit Keller handelt, lässt sich keine eindeutige Zuordnung treffen, da die wenigsten Gebäude in der Carlslust ausgegraben sind. Die These ließe sich erst nach der Ausgrbung der bisher nicht ausgegrabenen Gebäude belegen. So befinden sich in unmittelbarer Nähe des „Tschifflikpavillons“ die Reste des Kellers eines weiteren Gebäudes, welches bis jetzt noch nicht in der Forschung berücksichtigt ist. Die dem Zweibrücker Tschifflik ähnliche Lage trifft auch auf andere Stellen in der Carlslust zu, z. B. gegenüber der Kaskade.

Ihr drittes Argument ist die Raumdisposition. Dies entspricht dem Argument Webers, jedoch widerspricht sie damit allen Erkenntnissen, welche aus der Auswertung der von ihr aufgeführten Rechnungen gewonnen werden können. Während Weber anhand des Schadensbericht von folgenden Räumen ausging:

  • 7 Zimmer

  • 1 Kabinett

  • 1 Alkove

führt Schwan zusätzliche noch die folgenden Räumlichkeiten auf:

  • Stiegenhaus

  • Gang zu den Feuerstätten

Nach einer Baurechnung befand sich am Tschifflikpavillon eine große Terasse5. Die Terrasse kann sich nur auf der Talseite befunden haben. Damit würde die Apsis als Raum wegfallen. Die Treppe zum Obergeschoss befand sich nach den Rechnungen oberhalb der Kellertreppe. Die Treppe dürfte einen ganzen Raum eingenommen haben. Dafür spricht die Bezeichnung „Stiegenhaus“6 in den Rechnungen. Die Größe der Kellertreppen, auch wenn man sie spiegelbildlich fortsetzt, reicht nur für eine Stockwerkhöhe von 2,5m bzw. einer Lichten Raumhöhe von ca. 2,2m aus, was als zu gering anzusehen ist, da man von eine Stockwerkhöhe von 3m ausgehen kann. Wenn man bedenkt, dass sich im oberen Stockwerk auch ein Kompaniesaal mit 44 Sesseln befand, ist auch von einer größeren Treppenbreite als die 80cm der Kellertreppe auszugehen. Damit würde der Raum neben der Kellertreppe entfallen, da dieser für das Treppenhaus benötigt wird. Somit ergibt sich die folgende Raumaufteilung für den Pavillon.

 

Raumaufteilung im Tschifflik alanog Schwan

 

Betrachtet man die sich die daraus ergebende Raumaufteilung, so fehlen ein Raum, das Kabinett, der Alkove und auch der der Gang zu den beiden Feuerstätten lässt sich nicht in dem Grundriss unterbringen. Es fehlen somit mindestens vier „Räume“, was zeigt, dass des Gebäude nicht das Tschifflikpavillon gewesen sein kann.

Auch ignoriert sie die Erkenntnisse, die sie man den Rechnungen gewinnen kann, und welche ihrer Theorie widersprechen. So führten zwei große Glastüren7 aus dem Pavillon auf die große Terrasse. Die Terrasse kann sich bei diesem Gebäude nur auf der „Apsis“ befunden haben. Bei der vorhandenen Breite der Apsis von ca. 2,5 m lässt sich jedoch nur sinnvoll eine Türe unterbringen. Auch ist die Bezeichnung „große Terrasse“ bei der Größe der „Apsis“ nicht angemessen.

Des weiteren wird von ihr eine Rechnung angeführt, wonach es sich bei dem Tschifflikpavillon um einen Fachwerkbau gehandelt hat8. Die vorhanden Reste des Ergeschosses sind bis zur Höhe der Fenster gemauert, des Erdgeschoss war somit nicht aus Fachwerk. Obwohl sie davon ausgeht, dass der Pavillon oberhalb des Kellers aus Fachwerk bestand, bemerkt sie nicht den Widerspruch zur Situation vor Ort und identifiziert die Gebäudereste als Tschifflikpavillon.



Schneider

Die Theorie von Schneider kann nicht ausgeschlossen werden, jedoch sind weitere Grabungen oder Funde in Archiven notwendig um sie zu beweisen oder zu widerlegen.

 



Resüme

Klarheit zu dieser Frage wird nur engültig erreicht werden Pläne zur Carlslust auftauchen. Jedoch kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, gerade durch die Rechnungen welche Schwan gefunden hat, ausgeschlossen werden, daß es sich bei den als Tschifflik bezeichneten Gebäude um das Tschifflik handelt.

 

Anmerkung

Für die Erstellung des Grundrisses diente als Ausgang der von Weber veröffentlichte Grundriss. Da jedoch weitere Maße benötigt wurde, war eine weitere aufnahme des Bestandes notwendig. Hierbei hat sich gezeigt, daß die bei Weber angegebene Breite von ca. 12m falsch ist, die richtige Breite beträgt ca. 10m.

In der Carlslust wurden Schilder mit Beschreibungen für Wanderer aufgestellt. Bei dem Schild zum Tschifflikpavillon wurden anscheinend die Theorien von Weber/Schwan und Schneider vermischt.

 

Schild mit Beschreibung des Tschifflik Pavillons in der Carlslust

 

 

Literatur

  1. Schloss Karlsberg, Wilhelm Weber,  Ermer Verlag, Homburg, 1987
  2. Schlosser und Landsitze der herzöge von Zweibrücken im 18. Jahrhundert, Ralf Schneider, Eigenverlag, Rottenburg 2003
  3. Studien zur Baugeschichte von Schloss Carlsberg, Jutta Schwan, Stiftung z. Förd. d. pfälz. Geschichtsforsch., Auflage: 1., Aufl., Februar 2010

 

Fußnoten

1 - Zweibrücken wurde in dieser Zeit durch den Schwedischen König in Personalunion regiert. Aufgrund seiner guten Beziehungen zum schwedischen Königshaus verbrachte er sein erstes Exil in Zweibrücken.

2 - Schloss Karlsberg, Seite 303 „Rechnet man in der Ebene dieser sechs Räume einen größeren Raum über den in der Mitte gelegenen Keller hinzu, ergeben sich die sieben Zimmer, die Schügens „im unteren Stock“ aufgeführt hat.

3 - Schloss Karlsberg, Seite 303 „Schügens spricht in seinem Schadensbericht auch von einem Alkoven im unteren Stock: dem Grundriß nach wird man diesen im halbrunden Vorbau erkennen

4 - Schloss Karlsberg Seite 303 und 305,

5 - Schwan Seite 497 „Drei steinerne Stufen mit Rundstabgesimsen führten zu einer großen, von einer Balustrade eingefassten Terrasse, die mit Platten belegt wurde, wobei man auch hier im Vertrag betonte, dass auf sorgfaltige Arbeit Wert gelegt wurde.

6 - Schwan Seite 497 „Das Stiegenhaus wurde, wie auch der "Gang zu denen beeden Feuerstätten, mit gehauenen Platten belegt."“

7 - Schwan Seite 499 „zwei große zweiflügelige Glastüren zur Terrasse nach draußen führten.

8 - Schwan Seite 496 „handelte es sich oberhalb des Kellers um einen Fachwerkbau